Aktualisiert: November 2025
Es ist Montagmorgen, 9 Uhr. Dein Telefon klingelt. Auf dem Display siehst du: Die neue Mieterin aus Wohnung 2B. Sie zieht übermorgen ein und braucht “nur noch schnell ein paar Details”. In den nächsten 20 Minuten sprecht ihr über Schlüsselübergabe-Zeiten, fehlende SCHUFA-Unterlagen, Fragen zur Hausordnung und darüber, bei welchem Energieversorger sie sich anmelden muss.
Nachdem du aufgelegt hast, kommt die E-Mail vom Mieter aus 4A, der letzte Woche eingezogen ist: “Können Sie mir nochmal die Bankverbindung für die Kaution schicken? Die Mail finde ich nicht mehr.”
Willkommen im Mieter-Onboarding. Der Moment, wo du merkst, dass das Unterschreiben des Mietvertrags erst der Anfang war.
Das Problem ist nicht der Mietvertrag – es ist alles drumherum
Wenn du in den letzten fünf Jahren Wohnungen vermietet hast, kennst du diesen Moment: Du hast den perfekten Mieter gefunden. Solides Einkommen, gute Referenzen, sympathisch beim Besichtigungstermin. Der schwierige Teil ist vorbei, denkst du. Jetzt muss nur noch der Mietvertrag unterschrieben werden.
Drei Wochen später sitzt du an deinem Schreibtisch und sortierst zum dritten Mal die Dokumente für diese eine Wohnung. Irgendwo hier muss die unterschriebene Hausordnung sein. Oder war das die Version ohne Unterschrift? Und wo hast du nochmal die Zählerstände notiert – auf dem Übergabeprotokoll oder in der Excel-Datei?
Das ist das eigentliche Problem beim Mieter-Onboarding: Es gibt hundert kleine Aufgaben, die alle erledigt werden müssen, aber keine davon fühlt sich wichtig genug an, um ein System dafür aufzubauen. Bis du am Ende fünf verschiedene Excel-Dateien hast, einen Ordner voller PDF-Scans, ein paar handschriftliche Notizen und WhatsApp-Nachrichten, die du lieber gespeichert hättest.
Die versteckten Zeitfresser: Was niemand auf der Rechnung hat
Lass uns ehrlich sein: Wenn du gefragt wirst, wie lange Mieter-Onboarding dauert, sagst du vermutlich “zwei, drei Stunden”. Mietvertrag ausdrucken, Termin zur Übergabe, Schlüssel übergeben, Protokoll unterschreiben – fertig.
Aber rechnen wir mal zusammen, was wirklich passiert.
Die Woche vor dem Einzug beginnt mit E-Mails. Der neue Mieter fragt, ob er schon früher die Schlüssel bekommen kann, weil der Umzugswagen nur samstags verfügbar ist. Du schaust in deinen Kalender – Samstag ist eigentlich schlecht, aber du willst auch keinen schlechten Eindruck machen. Also verschiebst du etwas und sagst zu. Dann die Nachfrage: “Brauche ich irgendwelche Unterlagen zum Termin?” Du überlegst kurz – ja, eigentlich sollte die Meldebescheinigung noch herkommen. Und die SCHUFA-Auskunft war irgendwie unvollständig. Also schreibst du eine E-Mail zurück mit einer Liste. Zehn Minuten sind vergangen.
Am nächsten Tag kommt die E-Mail mit den Dokumenten. Du öffnest die Anhänge – drei PDFs, zwei JPGs von mit dem Handy fotografierten Dokumenten, und ein Word-Dokument, das sich nicht öffnen lässt. Die SCHUFA-Auskunft ist da, aber in so schlechter Qualität, dass du die Zahlen kaum lesen kannst. Du schreibst zurück: “Könnten Sie die SCHUFA nochmal in besserer Qualität schicken?” Weitere fünf Minuten.
Dann erinnerst du dich: Der Mietvertrag. Du suchst in deinen Dateien nach der aktuellen Vorlage. War es diese hier? Oder die andere, wo du letztes Mal die Hausordnung schon drin hattest? Du öffnest beide Dokumente, vergleichst, entscheidest dich für eine. Jetzt müssen die Daten eingetragen werden: Name, Adresse, Einzugsdatum, Miete, Nebenkosten-Vorauszahlung. Du tippst alles ab von der Bewerbung, die du vor drei Wochen bekommen hast. Beim Geburtsdatum stockst du – war es 1989 oder 1998? Du suchst in deinen E-Mails. Fünfzehn Minuten später ist der Vertrag fertig.
Am Tag der Übergabe kommst du zur Wohnung. Der Mieter ist schon da, aufgeregt, mit seinem Partner und zwei großen Umzugskartons im Flur. Du gehst durch die Wohnung, notierst Zählerstände – Strom, Wasser, Heizung. Die Heizung zeigt eine Zahl an, die du nicht ganz einordnen kannst. Ist das der aktuelle Stand oder der Vorjahresverbrauch? Du machst ein Foto mit dem Handy, um es später nachzuschlagen. Im Badezimmer entdeckt der Mieter einen kleinen Wasserfleck an der Decke. “Ist das schlimm?” Du schaust es dir an, machst dir eine Notiz: “Wasserfleck prüfen lassen”. Wieder ein Foto.
Nach 45 Minuten ist die Wohnung durchgegangen. Jetzt das Protokoll: Du füllst aus, der Mieter unterschreibt. Dann der Mietvertrag. “Moment”, sagt der Mieter, “hier steht ‘Hausordnung im Anhang’, aber ich sehe keinen Anhang?” Du blätterst durch die Seiten. Tatsächlich – vergessen anzuhängen beim Ausdrucken. “Ich schicke Ihnen die per E-Mail nach”, sagst du. Noch eine mentale Notiz.
Beim Rausgehen stellt der Mieter Fragen: Wo ist der Hauptwasserhahn? Wie funktioniert die Heizung? Welcher Keller gehört zur Wohnung? Wann kommt der Schornsteinfeger? Bei wem meldet er sich wegen Internet? Du beantwortest jede Frage geduldig, aber jede Antwort führt zu zwei weiteren Fragen.
Nach eineinhalb Stunden im Haus fährst du nach Hause. Der Termin war erfolgreich, denkst du. Bis du zu Hause merkst: Die Fotos mit den Zählerständen sind auf deinem Handy, das Übergabeprotokoll ist in deiner Tasche, und die Notiz über den Wasserfleck hast du auf einen Zettel geschrieben, der jetzt irgendwo zwischen deinen anderen Unterlagen liegt.
Die Woche nach dem Einzug beginnt mit der Nacharbeit. Du öffnest deine Excel-Datei “Mieterliste” und trägst den neuen Mieter ein: Name, Wohnung, Einzugsdatum, Miete. Dann öffnest du die Datei “Zählerstände” und tippst die Zahlen von den Handy-Fotos ab. Beim Heizungs-Zähler bist du dir immer noch nicht sicher – du googelst “Heizungszähler ablesen”, liest dich zehn Minuten ein, und trägst dann die Zahl ein, die am plausibelsten wirkt.
Du scannst das unterschriebene Übergabeprotokoll und speicherst es in deinem Ordner “Wohnung 2B”. Dann das Mietvertrag – auch scannen, auch ablegen. Die Hausordnung musst du noch per E-Mail nachschicken. Du suchst die PDF-Datei, findest zwei verschiedene Versionen, fragst dich kurz welche aktueller ist, und schickst dann einfach beide mit einer entschuldigenden Nachricht.
Am nächsten Tag schreibt der Mieter: “Ich habe mich beim Energieversorger angemeldet und die brauchen die Zählerstände. Können Sie mir die nochmal schicken?” Du suchst in deiner Excel-Datei, findest die Zahlen, kopierst sie in eine E-Mail.
Zwei Tage später kommt die nächste Nachricht: “Welche IBAN nutze ich für die Kaution-Überweisung?” Du suchst in deinen Unterlagen nach dem Dokument, wo du deine Bankverbindungen gespeichert hast. Findest es, kopierst die IBAN, schickst sie rüber.
Wenn du ehrlich zusammenrechnest, sind aus den “zwei, drei Stunden” plötzlich fünf Stunden geworden. Und dabei war das ein unkomplizierter Mieter. Bei jemandem, der mehr Fragen stellt, oder wo Dokumente mehrfach nachgereicht werden müssen, oder wo die Wohnungsübergabe wegen eines Problems verschoben werden muss, wird es noch mehr.
Was das für dein Portfolio bedeutet
Bei 50 Wohnungen und einer Fluktuation von 20 Prozent pro Jahr sind das zehn Mieterwechsel. Zehn Mal Dokumente sammeln, Verträge erstellen, Übergaben koordinieren, Daten eintragen, Fragen beantworten.
Zehn Mal fünf Stunden sind 50 Stunden im Jahr. Das ist mehr als eine volle Arbeitswoche, die du nur mit dem Onboarding neuer Mieter verbringst.
Jetzt kommt der Teil, den niemand gerne ausspricht: Diese 50 Stunden sind nicht die Stunden, wo du strategisch über dein Portfolio nachdenkst. Es sind nicht die Stunden, wo du Renovierungen planst oder neue Investments evaluierst. Es sind die Stunden, wo du Excel-Tabellen ausfüllst, E-Mails hin- und herschickst, und nach Dokumenten suchst, die du vor drei Wochen irgendwo abgelegt hast.
Das ist der versteckte Preis des Mieter-Onboardings: Nicht die Zeit selbst, sondern was du in dieser Zeit nicht tun kannst.
Warum der erste Eindruck alles entscheidet
Hier ist etwas, das die meisten Vermieter unterschätzen: Die Art, wie du einen Mieter aufnimmst, prägt die gesamte Mietbeziehung.
Wenn ein Mieter in den ersten zwei Wochen drei Mal wegen der gleichen Information nachfragen muss, weil du die erste E-Mail nicht gefunden hast, lernt er: “Mein Vermieter ist schlecht organisiert.” Wenn die Hausordnung erst zwei Wochen nach dem Einzug kommt, lernt er: “Hier ist vieles nicht durchdacht.” Wenn du bei der Übergabe gestresst wirkst und Fragen nur halb beantwortest, lernt er: “Mein Vermieter hat keine Zeit für mich.”
Das sind keine bewussten Gedanken. Aber sie formen die Erwartung, wie die nächsten Jahre laufen werden.
Umgekehrt: Wenn der Onboarding-Prozess reibungslos läuft, wenn alle Informationen klar sind, wenn der Mieter das Gefühl hat “hier weiß jemand, was er tut”, dann startet die Beziehung mit Vertrauen. Und Vertrauen macht vieles einfacher – von Mietzahlungen bis zu Reparatur-Anfragen.
Ein guter Onboarding-Prozess ist keine nette Geste. Er ist eine Investition in die nächsten Jahre.
Die drei größten Schwachstellen (und wie du sie heute schon verbessern kannst)
Auch ohne neue Software kannst du den Prozess strukturierter gestalten. Die meisten Probleme beim Mieter-Onboarding sind nicht technologischer Natur – sie sind organisatorischer Natur.
Schwachstelle 1: Dokumente kommen über fünf verschiedene Kanäle
Der neue Mieter schickt die SCHUFA per E-Mail, fotografiert seinen Ausweis und schickt ihn per WhatsApp, und die Gehaltsabrechnung kommt per Post. Du speicherst die E-Mail-Anhänge in einem Ordner, das WhatsApp-Foto auf deinem Handy, und die Gehaltsabrechnung scannst du später – wenn du dran denkst.
Drei Wochen später brauchst du eines dieser Dokumente und verbringst 15 Minuten damit, es zu finden.
Was du heute tun kannst: Lege einen zentralen Kanal fest, über den alle Dokumente kommen sollen. Wenn du mit E-Mail arbeitest, kommuniziere das klar: “Bitte alle Unterlagen an diese E-Mail-Adresse.” Wenn du WhatsApp bevorzugst, dann konsequent. Hauptsache: ein Kanal, ein Ort, wo du später suchen musst.
Zweitens: Erstelle für jeden neuen Mieter sofort einen eigenen Ordner auf deinem Computer. Nicht “ich mache das später”, sondern in dem Moment, wo die erste E-Mail reinkommt. “Wohnung 2B - Müller - 2025” oder wie auch immer dein System ist. Dann speicherst du jedes Dokument direkt dort ab. Nicht auf dem Desktop, nicht in Downloads, sondern im richtigen Ordner.
Das klingt trivial, aber dieser eine Schritt verhindert 80 Prozent der Such-Frustrationen.
Schwachstelle 2: Information wird doppelt und dreifach ausgetauscht
Der Mieter gibt dir seine Daten in der Bewerbung. Dann nochmal beim Ausfüllen des Mietvertrags. Dann nochmal, wenn du ihn ins System einträgst. Jedes Mal tippst du von einem Dokument ins andere ab. Jedes Mal kann ein Tippfehler passieren.
Und dann die andere Richtung: Der Mieter fragt nach deiner IBAN. Du schickst sie per E-Mail. Zwei Wochen später fragt er nochmal, weil er die E-Mail nicht findet. Du suchst, findest sie, schickst sie nochmal.
Was du heute tun kannst: Erstelle ein “Mieter-Welcome-Paket” – ein einfaches PDF-Dokument mit allen Informationen, die ein neuer Mieter typischerweise braucht:
- Deine Kontaktdaten (E-Mail, Telefon, Erreichbarkeit)
- Bankverbindung für Miete und Kaution
- Zählerstände zum Einzugsdatum
- Müllabfuhr-Termine
- Wichtige Kontakte (Hausmeister, Notfall-Nummern)
- Hausordnung
- Liste der Energieversorger in der Gegend
Schicke dieses Dokument standardmäßig an jeden neuen Mieter direkt nach der Vertragsunterzeichnung. Dann brauchst du die meisten Informationen nicht mehr einzeln nachzuschicken – sie sind alle an einem Ort.
Für die andere Richtung: Erstelle eine Checkliste, welche Dokumente du wirklich brauchst, und bitte darum in einer E-Mail. Nicht “schicken Sie mir mal die SCHUFA”, und dann später “achja, und die Meldebescheinigung auch”. Sondern: “Bitte schicken Sie mir folgende Unterlagen: (1) SCHUFA-Auskunft, (2) Meldebescheinigung, (3) letzte drei Gehaltsabrechnungen.”
Schwachstelle 3: Zu viel lebt in deinem Kopf
Du weißt, dass Herr Müller aus 2B einen Wasserschaden an der Decke gemeldet hat, den du dir noch anschauen musst. Du weißt, dass Frau Schmidt aus 4A ihre Kaution in zwei Raten zahlen wollte. Du weißt, dass der Energieversorger für Wohnung 3C noch die neuen Zählerstände braucht.
Das Problem: Dieses Wissen ist nur in deinem Kopf. Wenn du nächste Woche im Urlaub bist und dein Partner sich um etwas kümmern soll, muss er dich anrufen und nachfragen. Wenn du in drei Monaten nachvollziehen willst, was bei einem Mietereinzug besprochen wurde, musst du dich erinnern.
Was du heute tun kannst: Führe ein einfaches Logbuch für jeden Mieter. Das kann so simpel sein wie eine Textdatei oder ein Notizbuch-Eintrag:
Wohnung 2B - Müller
11.11.2025: Wohnungsübergabe
- Zählerstände notiert (siehe Foto)
- Wasserfleck an Decke entdeckt → Handwerker kontaktieren
- Frage zur Heizung beantwortet
- Hausordnung nachgeschickt per E-Mail
15.11.2025: Anruf
- Frage zu Müllabfuhr-Zeiten
- Kontakt vom Hausmeister weitergegeben
Das dauert 30 Sekunden nach jedem Kontakt, aber es gibt dir (und jedem anderen) die Möglichkeit, später nachzuvollziehen, was passiert ist. Und es stellt sicher, dass die “Wasserfleck prüfen”-Notiz nicht verloren geht.
Was die Zukunft bringen könnte
Die Wahrheit ist: Mieter-Onboarding wird immer eine gewisse Zeit brauchen. Die menschliche Komponente – die Wohnungsbesichtigung, das Kennenlernen, das Beantworten von Fragen – lässt sich nicht automatisieren. Und das ist auch gut so.
Aber viele der organisatorischen Aufgaben – das Sammeln von Dokumenten, das Erstellen von Verträgen, das Eintragen von Daten in verschiedene Systeme – könnten deutlich effizienter ablaufen. Stell dir vor, ein neuer Mieter bekommt einen Link, füllt einmal alle Daten aus, lädt alle Dokumente hoch, und alles landet automatisch am richtigen Ort. Der Mietvertrag wird automatisch mit diesen Daten befüllt. Die Zählerstände vom Übergabetermin werden direkt im System gespeichert. Die Kommunikation läuft über eine zentrale Plattform statt über fünf verschiedene Kanäle.
Genau daran arbeiten wir bei Fluado. Aber bis dahin: Die drei Schwachstellen oben anzugehen kann schon heute viel Frustration ersparen.
Rechtlicher Hinweis: Dieser Artikel dient ausschließlich Informationszwecken und stellt keine Rechts- oder Steuerberatung dar. Für spezifische Fragen zu Mietverträgen oder rechtlichen Anforderungen beim Mieter-Onboarding konsultiere bitte einen Fachanwalt für Mietrecht.
Letzte Aktualisierung: November 2025